Gletscher – im Wandel der Zeit

Gletscher werden im Ötztal seit jeher „Ferner“ (von „firn – fern – fert“ = verjährter, alter Schnee) genannt. Der Anstieg der Sommertemperaturen in den letzten 150 Jahren hat viele Alpengletscher um zum Teil mehr als die Hälfte reduziert. Der Gletscherbericht 2023/24 des Österreichischen Alpenvereins verzeichnet für fast alle gemessenen Gletscher einen Rückzug – im Durchschnitt ca. 24 Meter! Die größten Längenverluste wurden für die Gletscher der Ötztaler Alpen gemessen. Minus 227,5 Meter beim Sexegertenferner, gefolgt vom Taschachferner mit minus 176 Metern und dem Gepatschferner mit minus 104 Metern.

Was diese Zahlen real bedeuten, sieht man im folgenden Zeitraffer. Aufgenommen zwischen Juli 2020 und September 2024 am Gepatschferner.

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Timelapse Gepatschferner (Ötztaler Alpen) Juli 2020 bis Oktober 2023. © Martin Mergili (Uni Graz), Stefan Haselberger (Uni Wien/PHUSICOS)


Am Rotmoosferner bei Obergurgl lassen sich die früheren Gletscherstände anhand der Moränenwälle genau verfolgen.

Seit dem Hochstand um 1850 und Wiedervorstößen um 1920 und 1980 haben sich die „Ferner“ massiv zurückgezogen. Doch wo das Eis weicht, bleibt keine Wüste. In typischer Abfolge wird das neue Land wieder von Leben besiedelt. Biologen der Universität Innsbruck untersuchen im Detail, wo, wie schnell und welche Tiere und Pflanzen das eisfrei gewordene Terrain besiedeln.

Wussten Sie…?

 

  • Die berühmte Gletscherwelt im NATURPARK ÖTZTAL besteht aus 131 Gletschern mit 78 km² Fläche. Davon entfallen auf die Stubaier Alpen 48 Gletscher (14 km²) und die Ötztaler Alpen 83 Gletscher (64 km²).
  • Gletscher (inklusive Blockgletscher) nehmen derzeit 15,5 % der Gesamtfläche des NATURPARKS ÖTZTAL ein
  • Der Vernagtferner (Ötztal - Vent) wird seit 1600 als Forschungsobjekt für internationale Studien verwendet. Zusammen mit seinen Nachbarn (Hintereis- und Kesselwandferner), ist er somit der am besten dokumentierte Gletscher der Ostalpen („Wiege der Gletscherforschung“).
  • Die weltweit älteste Darstellung eines Gletschers (1601) ist ein Aquarell des Vernagtferners.
  • Der berühmte Gurgler Ferner (Ötztal - Obergurgl) diente als „Lebensretter“ für Professor Auguste Piccard, der 1931 nach seinem Stratosphärenflug auf dem Gurgler Ferner notlanden musste. Dies war der Beginn des Tourismus in Obergurgl.
  • Der höchste Berg Tirols, die Wildspitze (3.774 m), ist die höchstgelegene Vergletscherung im Naturpark Ötztal.
  • Gletscher und die Winterschneedecke dienen als DAS Süßwasserreservoir des Ötztals.
  • Der Copernicus-Klimareport stellt fest, dass 2024 das wärmste Jahr seit 1850 war. Erstmals lag die globale Durchschnittstemperatur 1,6 Grad über dem vorindustriellen Niveau.

 


Der IPCC – zwischenstaatliches Gremium der Vereinten Nationen, das von führenden Wissenschaftler*innen beraten wird – hält es im letzten Sachstandsbericht von 2023 für sehr wahrscheinlich, dass die globale Erwärmung bereits vor dem Jahr 2035 die Marke von 1,5 °C (im Vergleich zu vorindustriellem Niveau) überschreiten wird. Die globale Erwärmung lag schon in der letzten Dekade (2011 – 2020) 1,1 °C über dem vorindustriellen Niveau. Eine globale Erwärmung von 1,5 °C würde bis ins Jahr 2100 einen Verlust von 97 % des aktuellen Gletschervolumens (2017) der Ötztaler Alpen bedeuten. Bei einer globalen Erwärmung von 2 °C würde dieser Wert bereits vor 2075 erreicht werden. Eisfreie Alpen und schmelzende Permafrostböden (=dauergefrorene Böden) wären in der Zukunft die Folge.


 
Im Extremjahr 2022 hat der Hintereisferner mehr als 5% seines Gesamtvolumens oder 20 Mio m³ Wasser verloren. Dies entspricht dem Wasserverbrauch der Stadt Innsbruck von 20 Monaten.